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Wahrheiten und Legenden des Kärntner Weines

(Asuzug aus dem Winzer/Fachartikel vom 09.11.2009, Autor Mag. Erwin Gartner)

 

Der Kärntner Weinbau erlebt einen Aufschwung. Er hat in der Geschichte Höhen und Tiefen erlebt und kämpft heute noch mit so manchem Vorurteil – Zeit zum Aufräumen.

Klima-Legende

Der Kärntner Weinbau hat zwar keine große, dafür aber eine lange und gut beurkundete Geschichte. Dass Weingärten in Kärnten schon vor über 1.000 Jahren schriftliche Erwähnung fanden, ist nahezu in Vergessenheit geraten. Dabei zeugen etliche regionale Vulgo- und Flurnamen mit eindeutigem Bezug zum Weinbau von einer ehemals breiten Streuung des Weinbaus in Kärnten. Thomas Zeloth vom Kärntner Landesarchiv kam nach einer systematischen Auswertung von Urkunden zu dem Schluss, dass die Entwicklung in mehreren Schüben erfolgte. Um 950, 1050 und 1450 kam es jeweils zu einer Ausweitung des Weinbaus, wobei diese nicht unbedingt mit Klimaerwärmungen synchron lief. Die höheren Temperaturen und längeren Trockenphasen der letzten Jahre kamen dem Weinbau zwar stark zugute, aber auch in raueren Jahrzehnten wurde Wein angebaut.

Säure-Legende

Viele Durchreisende mokierten sich oft über den hohen Säuregehalt des Kärntner Weines. Diese Bewertungen, die heute noch in Vorurteilen weiterleben (z. B. Sauerampfer), werden gerne mit der klimatischen Situation in Verbindung gebracht. Dabei lag der Hauptgrund für den hohen Säuregehalt an der Sortenwahl. Die Kärntner Weingärten waren meist klein und zum Teil sehr weit gestreut, sodass es im Herbst zu einem ungünstigen Vögel-Trauben-Verhältnis kam. Daraus resultierend wurde auf Spätsorten wie den Weißen Heunisch oder den Blauen Wildbacher gesetzt, die nebenbei auch besonders frosthart waren. "Ertragssicherheit vor Qualität" lautete also das Motto und die Weinbauern hielten bis zum "sauren" Ende des Kärntner Weinbaus an den "autochthonen" Sorten fest.

Seit dem Neubeginn in den 1970er Jahren gehören Vogelschutznetze zur Grundausstattung jedes Weingartens. Aus Angst vor zu später Reife wurde zu dieser Zeit mit Frühsorten begonnen, doch die Winzer erkannten bald, dass auch mit den bekannteren späteren Sorten qualitativ ansprechende Weine hergestellt werden können.

Lagen-Legende

Weinbau wurde in Kärnten wie auch in anderen Gebieten fast ausschließlich auf steilen Hängen betrieben, dort also, wo Ackerbau nicht mehr möglich war. Auf den nicht terrassierten Hängen führte starke Erosion allmählich zu Ertragsverminderung. Darüber hinaus wurde vom beschränkt vorhandenen Wirtschaftsdünger immer mehr in den Ackerbau investiert und die Weingartenböden verarmten.

Der enorme Aufwand wurde trotz hoher Weinpreise finanziell durch die Erträge nicht mehr abgedeckt. Die Rebflächen wichen langsam dem Anbau von Obst oder Forst. Das Verschwinden des Weines hatte also weniger klimatische als vielmehr wirtschaftliche Gründe. Seit einigen Jahren wird dieser Prozess mit großer Passion wieder umgekehrt und die mit hohem Aufwand verbundene Gewinnung von Flächen und Schaffung von Infrastruktur vorangetrieben.

Motivations-Legende

Der Weinbau in Kärnten war ursprünglich kaum wirtschaftlich oder qualitativ motiviert. Die Frage "Warum in Kärnten Wein angebaut wurde" führte Historiker Thomas Zeloth zunächst in klerikale Gefilde. Im Mittelalter benötigten die Geistlichen "Messwein-Reserven", um auch bei Import-Engpässen aus dem heutigen Italien und Slowenien Messen zelebrieren zu können. Aus diesem Grund entwickelten sich die Kärntner Weinbauzentren häufig um Stifte, Klöster und Bischofssitze. Den weltlichen Herrschern ging es eher um die edle Optik der Weingärten rund um ihre Burgen und Schlösser. Sie bauten Wein zum Teil in Höhenlagen an, wo es heute niemand mehr wagen würde.

Der Import von Wein aus Italien und Slowenien funktionierte im Mittelalter sehr gut und deckte den Bedarf der Oberschicht vollständig ab. Da auf dem in Kärnten gekelterten Wein keine Zölle und Transportkosten lasteten, gelangte dieser hauptsächlich zur öffentlichen Ausschank und wurde zum Volksgetränk. Mit der Aufhebung der Klöster durch Josef II. (Ende 18. Jh.) und der Abschaffung der Binnenzölle in der Monarchie geriet der Kärntner Wein preislich jedoch enorm unter Druck.

Reblaus-Legende

Der Untergang des Kärntner Weines mit Ende des 19. Jh. wird oft mit dem Auftreten der Reblaus in Verbindung gebracht. Dass der aus Amerika eingeschleppte Schädling jemals die Karawanken überschritten hat, gilt allerdings als nicht gesichert. Bewiesen ist hingegen, dass der Mehltau der wiederholten Aufbruchstimmung im Kärntner Weinbau zu dieser Zeit ein jähes Ende bereitete. 1883 wird die Pilzkrankheit das erste Mal im Lavanttal beschrieben. Erst als der Ertrag schon auf ein Viertel der Jahre zuvor gesunken war, begannen die Winzer mit der Bekämpfung. Ab diesem Zeitpunkt siechte der Kärntner Weinbau nur noch vor sich hin, bis er in der Zwischenkriegszeit erlosch. In Hausgärten wurde zwar auf mehltauresistente amerikanische Sorten zurückgegriffen, doch aus diesen Sorten ließ sich nur ein "uhudler-artiger" Wein (im Volksmund "Heckenklescher") gewinnen.